Rosenstein-Gymnasium Heubach
 
Friday, April 19, 2024

Abirede des Schulleiters 2013



Rede des Schulleiters OStD Miller auf dem Abschlussball des Abiturjahrgangs 2013


"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück."


Nein, keine Angst wir zelebrieren heute Abend nicht den Osterspaziergang von Goethe in seinem Faust. Wir glorifizieren auch nicht, dass sich der Sommer endlich nach langem hartem Winter und Zwischentiefs dem heutigen Tag wieder zeigt.

Und doch hat dieses Gedicht viel mit dem heutigen Abend zu tun.


Liebe Abiturientinnen und liebe Abiturienten!

Es ist geschafft! Wir feiern heute ein Fest, geradezu ein österliches Fest! Das Ambiente und die Kleidung zeugen vom hohen Grad der Feierlichkeit.

"Vom Eise befreit!" Von der Last der jahrelangen harten Fron erscheint unser Hiersein als sommerliches Hochfest. Goethe hätte mit seinen geputzten Menschen seine helle Freude! Es ist jedoch kein Osterspaziergang gewesen, den ihr zurückgelegt habt. Es waren vielmehr acht erlebnisreiche Jahre, die ihr am Rosenstein-Gymnasium verbracht habt. Ihr habt euch euer Reifezeugnis erkämpft, nein besser gefällt mir: erarbeitet. Wie im Osterspaziergang die Aufklärung und Vernunft helles Sonnen-Licht nach den engen und düsteren Gassen des Mittelalters erscheinen lassen, so habt ihr durch euer Reifezeugnis eure augenscheinliche Mündigkeit kraft eures Verstandes erwirkt.

Nun heißt euer Motto:

GSG 8 - die Elite rückt aus!

GSG 8 wirkt sehr militärisch - bewusst wohl gesetzt und mit Bildern eurer sehr gelungenen, ja geradezu professionell gemachten Abizeitung belegt.

Mitnichten handelt es sich indes mit der GSG 8 um ein militärisches Manöver oder gar um einen kriegerischen Einsatz eines Elitekommandos!

Nein, es ist vielmehr der erste explizite Abiturjahrgang von G 8 unseres Rosenstein-Gymnasiums mit einer ausgesprochen g(uten) S(tufen) G(emeinschaft)! GSG! ..Das ist in der Tat ein Grund zum Feiern! Denn in diesem Gemeinschaftsgeist zeigt ihr euch als Abiturienten 2013 in der Tat als auserwählt, als "electi", als Elite! Das freut mich sehr!

Wenn ich in die Runde schaue, sehe ich gottlob keine versnobte und abgehobene Elite, schon gar keine, die irgendwohin ausrückt...

Ja mit einem herkömmlichen elitären Elite-Begriff habe ich so meine Probleme. Ein Mensch zeigt sich für mich durch seine besondere soziale Kompetenz und seine uneigennützige Herzenswärme als ausgesprochen Spitze! Im sozialen und empathischen Verhalten zeigt sich der Mensch als Mensch. Dies zeichnet ihn aus! Dies führt erst recht zu einem geglückten Leben.... ein elitäres Gehabe und erst recht rein zweckorientierte Verhaltensweisen wie das Recht des Stärkeren führt dagegen in eine Sackgasse, ja nicht selten in eine menschliche Tragödie.

Menschenwürde und persönliche Wertschätzung bekommt man nicht durch einen akademischen Bildungsabschluss oder durch materiellen Reichtum. Als Prototyp sei hier der Oberzöllner Zachäus aus der Bibel genannt. Als körperlich kleiner Mann war ihm jedes Mittel recht, um nach Oben zu gelangen, um bildlich groß zu werden. Sein Minderwertigkeitskomplex weckt in ihm einen krankhaften Ehrgeiz... Ohne Rücksicht auf Verluste kämpft er um Anerkennung. Für ihn heiligt der Zweck jegliches Mittel. Er beutet rücksichtslos seine Mit-Menschen aus. Wirkt er da nicht wie die viel bescholtenen Investmentbanker und skrupellosen Top-Manager? Und doch bleibt Zachäus ob seines Verhaltens selbst auf der Strecke. Letztlich fühlt er sich einsam und voller Ängste. In seiner Midlifecrisis trifft er auf Jesus und... gesundet, weil er sich öffnet, weil er von seinem Egotripp ablässt, weil er am Wohlergehen anderer Menschen interessiert ist und danach handelt...

Nein, ein elitäres und arrogantes Eliteverhalten lehne ich ab. Solch eine Einbildung gehört eben nicht in eine humanistisch-wertorientierte Bildungseinrichtung wie unser RSG. Gleichwohl gibt es geistige, politische, künstlerische, materielle und sportliche Eliten,die je in ihren Bereichen Treffliches leisten, dem auch ohne Einschränkung Anerkennung zu schulden ist.

Eine Bildungseinrichtung sollte diese vielfältigen Möglichkeiten denn auch je nach Begabungen entdecken, fördern und schulen. Gleichmacherei ist dabei fehl am Platze! Daher hoffe ich, dass wir diesem Ansinnen am RSG nachgekommen sind. Ja, Lehrer eines Gymnasiums sollten Hochbegabungen fördern und gleichzeitig bei schwächeren Schülern unterstützen und helfen, so dass die Schüler fürs Studium und Berufsleben bestens gerüstet sind. Dass dies gegeben ist, hoffe ich! Dass es euch gelingt, euch je nach euren Fähigkeiten einen Beruf zu finden, der euch erfüllt, dies wünsche ich euch!

Nicht ein hervorragender akademischer Abschluss macht den Menschen zum Menschen, sondern die Fähigkeit menschlich zu handeln und seine Begabungen zu leben. Dies zeigt sich in jedem Beruf, der dadurch zur Berufung wird, ob als Akademiker, Handwerker, ungelernter Arbeiter und erst recht als Hausfrau und Mutter.

Bei all dem ist ein hohes Maß an Bodenhaftung (humilitas) und Menschlichkeit (humanitas) schicklich, ja vonnöten. Humilitas kommt vom lateinischen Wort Humus und meint, dass man sich seiner Wurzeln bewusst ist und man seine eigenen Grenzen erkennen sollte. Daher auch ihnen liebe Eltern und Familien unserer Abiturienten einen lieben Gruß! Glückwunsch zur gelungenen Wegbegleitung Ihrer Kinder und herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit mit der Schule.

Nun gut junge Menschen dürfen, ja sollten hie und da diese Grenzen auch austesten und erfahren dürfen. Dabei gilt es nicht so leichtfertig zu handeln wie Ikarus, der die Warnungen seines Vaters geradezu in den Wind schlug und jäh abstürzte. Ja junge Menschen sollten uns immer wieder ob der Grenzen und unserer Werte anfragen und dies hinterfragen und dabei aber nie die Dankbarkeit ob ihrer Herkunft vergessen... All dies steckt m.E. Im Wort humilitas (Bodenhaftung).

Bildung sollte gleichzeitig auch der humanitas verpflichtet sein. Humanitas ist sogar die Bildung schlechthin, vor allem in der Herzensbildung. Dafür stehen auch die drei Begriffe unseres Leitbilds: offen, sozial, engagiert! Wenn ich so in die Runde schaue, denke ich, dass dieser hohe Anspruch unseres RSG ganz gut umgesetzt worden ist. So konntet ihr euch liebe Abiturienten durch die Wegbegleitung eurer Lehrer in vielfältigen schulischen und außerschulischen Bereichen auszeichnen: Im Bereich des Journalismus: "Jugend schreibt" der FAZ und als Stadtschreiber der Verwaltungsgemeinschaft! In Sprachwettbewerben und in Austauschprogrammen unserer Schule: Tarragona, Frankreich, Novi Sad, Türkei. In politischen Wettbewerben, wie der Landeszentrale für politische Bildung In unserer Technik und Ingeneurwelt wie SIA und Jia In unserer Mathe-Hochbegabten AG In unserem Chor und musikalischen Veranstaltungen, in unserem Kulturcafé, in unseren Vernisagen eurer Bilder und zu guter Letzt in unserem Schulverein Sarose, in dem ihr mit 40 kulturellen Veranstaltungen ein qualifiziertes Kulturzeugnis erwerben konntet. Ja es war eine schöne, treffliche und überaus erfolgreiche Zeit mit euch. Dafür danke ich euch als Schulleiter. Besonders jedoch möchte ich den Kollegen, euren Lehrerinnen und Lehrern, für ihren großartigen Einsatz danken, die euch bei all dem gefördert haben und euch zum Abitur geführt haben.

Liebe Abiturienten nehmt all diese hier gemachten Erfahrungen auf euren weiteren Lebensweg mit - reichlich garniert mit humilitas und humanitas.

Denn ein menschliches Leben gelingt mit diesen Tugenden und eben nicht mit einem egoistischen und sozialdarwinistischen Gebaren. Daher nicht: Vorsicht! GSG 8! Sie kommen...., sondern: Hurra, die Welt freut sich auf euch!

"Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!"


Für euren weiteren Werdegang, euer Ausrücken in die Welt, wünsche ich euch alles erdenklich Gute und den Segen Gottes!